Šěrcec Hanka (Schierzens Hanka)

Aus dem Leben der katholischen Sorbin jüdischer Herkunft
Schauspiel von Esther Undisz nach Motiven von Juirj Koch
Ins Obersorbische übersetzt von Měrana Cušcyna

Erzählt wird die Geschichte der 1918 als Jüdin geborenen und als katholische Sorbin in Horka aufgewachsenen Annemarie Schierz. Ihr Schicksal ist durch die sorbisch-sprachige Novelle „Židowka Hana“ von Jurij Koch aus den 60er Jahren in Erinnerung geblieben, die 2020 auch in deutscher Bearbeitung („Hana“) erschien.

Theaterzeitung und Spielplan Februar Theater Bautzen

Annemarie wurde als uneheliches Kind der noch nicht volljährigen Dresdner Kaufmannstochter Gertrud Kreidl in Horka (bei Crostwitz) geboren. Der Vormund und Großvater Carl Kreidl ließ das Kind in der Obhut der Geschwister Georg und Maria Schierz. Bei ihnen in Horka wuchs Annemarie, genannt Hanka, sorbisch-katholisch auf. Im Dorf wurde das Kind anfangs „Kschischans Jüdin“ gerufen. 1925, zu ihrem Schulanfang, bemühte sich Maria um die Adoption und Taufe des Mädchens und setzte sie schließlich gegen Widerstände aus der Gemeinde durch. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten begann die systematische Verfolgung der Juden. Auch Hanka galt nach den nationalsozialistischen „Rassegesetzen“ als Jüdin und wurde verfolgt. Dennoch gab sie sich 1934 zur Firmung den Firmnamen „Esther“. Als die sorbische Sprache in der Öffentlichkeit untersagt war, wurden ihr das Tragen der Tracht verboten und der Besuch des Gottesdienstes verweigert. In der dörflichen Gemeinschaft erfuhr sie sowohl Unterstützung als auch Ausgrenzung. Von einem Verhör bei der Gestapo im August 1942 in Dresden kehrte sie nicht wieder zurück und wurde später für tot erklärt.

Das Stück versucht, die Lebensgeschichte Hankas anhand der heute recherchierbaren Fakten zu rekonstruieren. Die politischen Ereignisse nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten blieben auch in der familiären und dörflichen Gemeinschaft nicht ohne tiefgreifende Folgen und verlangten Entscheidungen von jedem Einzelnen. Auch die – fiktiven – Freundinnen und Freunde Hankas werden an der Schwelle zum Erwachsenwerden vor schwerwiegende Entscheidungen über ihren künftigen Lebensweg gestellt. Die Inszenierung erzählt ihre Geschichten, wie sie möglich gewesen sein könnten.

Die Aufführung findet in obersorbischer Sprache mit Simultanübersetzung ins Deutsche statt.

Regie Esther Undisz, Bühne Tilo Staudte, Kostüme Katharina Lorenz, Dramaturgie Madlenka Scholze, Musik Tasso Schille, Premiere 12. Februar 2022, 19.30 Uhr (großes Haus) Deutsch-Sorbisches Volkstheater Bautzen, weitere Termine…